Dirk Leonhardt feiert kurz vor Weihnachten, am 23.12.21, seinen 40-jährigen Geburtstag. Vor kurzem erschien sein Buch “Vieles scheint unmöglich, bis du es schaffst!” im Sportwelt Verlag. Dabei erzählt Dirk Leonhardt über die Faszination Ultrasport und seinen Weg dorthin, bis hin zu seinen vier Weltrekorden. Davon hält Dirk Leonhardt einen Weltrekord im Non-Stop-Triathlon, den er in 45 Tagen absolvierte. Er bewältigte dabei die 30-fache Ironmandistanz! Im Interview bekommen wir einen Einblick in Dirk Leonhardt ´s Sport- und Familienleben. Vor allem allerdings, über seinen Weltrekord im Non-Stop-Triathlon.
Dirk Leonhardt – vieles scheint unmöglich, bis du es schaffst!
Wie kam es zur Idee einen Weltrekordversuch für einen Non-Stop-Triathlon über die 30-fache Ironmandistanz zu starten?
Im Jahr 2017 habe ich in Lensahn den Triple (dreifache Langdistanz) absolviert und mit Begeisterung das Rekordprojekt von Ilaria Corli verfolgt, die den damals längsten Triathlon nonstop absolvierte und auf Facebook davon berichtete. Ilaria absolvierte als Ultra-Radfahrerin damals in etwa die 26-fache Langdistanz. Ich dachte mir damals schon: „Das könnte ich auch schaffen“, aber ich verfolgte die Idee nicht weiter, auch weil ich erstmal meinen Master in Sicherheitsmanagement als Fernstudium machen wollte. So hatte ich erstmal zwei Jahre lang kaum Zeit für Sport.
Für den Sommer 2020 hatte ich dann eine große Radtour quer durch Europa geplant und mich auch gut aufs Radfahren vorbereitet. Doch dann kam mit Corona alles anders und ich habe mir erst im März überlegt, dass ich statt der Radtour irgendein anderes Sportprojekt in Angriff nehmen werde.
So ist mir wieder das Rekordprojekt mit dem längsten Triathlon eingefallen und ich habe mir überlegt, dass ich der erste Mensch sein möchte, der einen dreißigfachen Ironman nonstop absolviert. Es war eigentlich ziemlich unüberlegt und spontan, aber ich hatte mir einen langen Sommerurlaub eingetragen und wollte nicht, dass all das Training auf dem Rad umsonst ist. Rückblickend war es trotzdem die beste Entscheidung die ich treffen konnte, auch wenn alles etwas überhastet und spontan war. So hatte ich auch nicht so viel Zeit, um mir Sorgen zu machen, was alles schief gehen könnte.
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- Leonhardt, Dirk (Autor)
Welche der drei Disziplinen war für dich die größte Herausforderung?
Das Schwimmen war mit Abstand das die härteste Herausforderung. Da die Schwimmbäder und auch die hessischen Badeseen in der Vorbereitungszeit gesperrt waren, hatte ich nur etwa 10 Kilometer im Training – in einem bayrischen Badesee bei Aschaffenburg – hinter mir. Trotzdem habe ich die 200 Schwimm-Kilometer irgendwie geschafft. Ich habe sowohl die Sonneneinstrahlung unterschätzt, als auch den Kälteverlust im Wasser. Ich war täglich mehr als 15 Stunden im Wasser und bin total ausgekühlt. Es ging mir von Tag zu Tag schlechter und ich habe in den acht Tagen beim Schwimmen auch über fünf Kilogramm Körpergewicht verloren.
Ich war am Ende mit meinen Kräfte und hatte ständig das Gefühl, dass ich dem Wasser total ausgeliefert bin. Das war auch mental die schwerste Zeit. Meine Freunde konnten mich nicht so gut unterstützen und auch die Essensversorgung war nicht so leicht.
Nach acht Tagen hatte ich das Schwimmen dann geschafft, hatte mir den Rücken wund gerieben, Sonnenbrand im Gesicht und im Nacken, aber ich hatte auch das Gefühl: Jetzt kann mich nichts mehr stoppen. Jetzt beginnt der Spaß. Da lagen aber auch noch 36 Tage vor mir.
Wie hast du jene Momente überwunden, in denen du aufgeben wolltest?
Ich habe da auf Zeit gespielt. In den Momenten, wo es mir richtig schlecht ging, war mein Mantra: Nur noch ein paar Schritte. Auch mit kleinen Schritten kommt man irgendwann ins Ziel. Dieser Gedanke hat mir sehr geholfen. Ich hatte schon am ersten Tag das Gefühl, dass ich mir vielleicht zu viel zugemutet habe. Aber ich wusste, es ist noch Zeit. Es ist noch zu früh, um ernsthaft ans aufgeben zu denken. So habe ich Stück für Stück einen Punkt erreicht, wo ich für mich realisiert habe: Jetzt habe ich so unglaublich viel geleistet. Jetzt ist es einfach zu spät zum aufgeben.
So hatte ich diese Gedanken ans aufgeben tatsächlich auch nur beim Schwimmen. Danach ging es mir immer nur darum, mein Tagespensum möglichst gut zu schaffen.
Ich habe aber auch eine ganze Palette an mentalen Techniken, um mich zu motivieren. Eine große Rolle spielt zum Beispiel meine Dankbarkeitsroutine. Ich bin für ganz viele Kleinigkeiten dankbar. Zum Beispiel für einen schönen Sonnenaufgang, für ein aufmunterndes Gespräch oder für den Geruch der Weizenfelder.
Ich habe die meiste Zeit versucht, immer das Positive zu sehen und das Rekordprojekt zu genießen. Ich wusste ja, es gibt nur diesen einen Versuch. Das werde ich danach nie wieder in dieser Dimension machen. Ich hatte also gar keine Wahl: Ich musste Spaß dabei haben.
Aber die vielen Unterstützer haben mir das auch leicht gemacht. Ich hatte wirklich großes Glück, dass mich so viele Menschen angefeuert haben.
Welche Erfahrungen nimmst du dir von diesem „Mammutprojekt“ mit?
Für mich selbst nehme ich mit, dass man wirklich alles schaffen kann, wenn man für seine eigenen Träume einsteht. Es ist wirklich immer wieder unglaublich, was der menschliche Körper leisten kann, wenn die mentale Kraft da ist. Ich finde das unglaublich faszinierend.
Was mich jedoch am meisten begeistert, ist die unglaublich große Unterstützung die ich bei dem Weltrekordprojekt erhalten habe. Ganz viele Menschen, die mich gar nicht kannten, haben mich auf ganz unterschiedliche Weise unterstützt. Viele sind mit mir gemeinsam einige Runden geradelt oder gelaufen. Andere haben in der Sommerhitze Versorgungsstationen an der Strecke aufgebaut und sind selbst Nachts halb eins noch aus dem Haus gekommen, um mir persönlich einen kühlen Schwamm zu reichen. Da waren aber auch einige Menschen, die ein echter Teil des Rekords geworden sind, Bethie die Physiotherapeutin, die mich immer wieder abends noch für den nächsten Tag eingerenkt hat, oder Michael der Sportzahnarzt, der mir im Wohnzimmer die Fäden von meiner Platzwunde gezogen hat, damit ich mein Tagesprogramm ohne Zwangspause in einer Arztpraxis durchziehen konnte, oder Alex, der fast jeden Morgen früh um 6 Uhr vor meinem Haus stand und die ersten 20 Tageskilometer mit mir gemeinsam gelaufen ist. Dass all diese Menschen bereit waren, mich bei meinem Projekt zu unterstützen, hat mir sehr viel Kraft gegeben und zeigt, dass wir als Gesellschaft doch nicht so egoistisch sind, wie es manchmal den Anschein macht. Es ist ja schön, wenn man noch an das Gute im Menschen glauben kann.
Woher kommt dein Antrieb für das Bewältigen solcher Distanzen?
Die Frage, warum man all diese Strapazen auf sich nimmt, ist wirklich schwer rational zu erklären. Ich glaube, es macht mir insgesamt einfach Spaß. Und da ist diese Neugier: Kann ich es schaffen, oder ist hier meine Grenze erreicht? Ich fühle mich auf den Ultra-Distanzen irgendwie wohl, weil man sich auch mal die Zeit für eine Pause nehmen kann und weil es dann doch so fantastisch klingt, wenn man darauf zurückblickt, was man geleistet hat. Ich bin auch eher ein langsamer Sportler. Bei den Ultra-Distanzen, wenn es mehr auf den Kopf als auf die Muskelkraft ankommt, kann ich mich eher verwirklichen. Das ist einfach mein Ding.
Welche Rolle spielt deine Familie bei deinen Projekten und Weltrekorden?
Das ist ein wichtiger Punkt. Ohne meine Familie würde all das gar nicht funktionieren. Es ist bei uns so, dass wir die meisten Projekte als Gemeinschaftsprojekt angehen. Meine Frau und auch die Kinder sind dann direkt mit dabei und fiebern mit. Insbesondere meine Frau leistet meistens auch einen sehr wichtigen Beitrag als Supporterin. Beim Triathlonprojekt hat sie das Essen besorgt und zubereitet, sie hat darauf geachtet, dass alles organisatorische funktioniert, sie hat mich verarztet und meine Sachen gewaschen. Kurz: Ohne sie hätte ich es niemals geschafft.
Auch meine beiden Kinder haben mir immer Mut gemacht und mich unterstützt. Beim Laufen sind sie immer einige Kilometer mit dem Fahrrad mitgekommen. Ich freue mich, dass ich den Kindern ein Vorbild für viel Bewegung im Alltag sein kann.
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