Roy Hinnen ist Triathloncoach, sowie Autor des Buches 100 Prozent Triathlon, das im Sportwelt Verlag kürzlich erschienen ist. Wie der Titel “100 Prozent Triathlon – 100 Fragen aus 20 Jahren Coaching bereits vermuten lässt, geht es um 100 Fragen von Triathleten mit denen Roy Hinnen in seiner Coaching Laufbahn konfrontiert wurde. Diese hat er nun für sein neues Werk zusammen gestellt. Für unser Interview haben wir uns ein paar inhaltliche Fragen heraus gepickt.
Roy Hinnen über sein neues Buch „100 Prozent Triathlon: 100 Fragen aus 20 Jahren Coaching“.
Was möchtest du mit 100 Prozent Triathlon erreichen?
Hinter jeder einzelnen Frage meines Buches steckt eine gewisse Neugierde oder auch Unsicherheit eines Triathleten – vielleicht aber auch ein falsches Verständnis – für den jeweiligen Themen- oder Trainingsbereich. Schaut man sich die Fragen genauer an, versteht man besser, welche Persönlichkeit sich hinter einer Frage verbirgt. Für mich war das Zusammenführen der 100 wichtigsten Fragen vor allem spannend, um zu erkennen: Wer sind diese Triathleten, die dahinterstehen? Welche Zweifel, welche Ängste haben sie?
Jeder Leser wird sehr schnell erkennen können, welche Fragen hängenbleiben – in der Regel sind es solche, bei denen er selbst noch Potential hat – und welche Fragen für ihn schon klar beantwortet und bearbeitet sind. Er wird vielleicht auch erkennen, dass es sehr viel Mut braucht, die richtigen Fragen zu stellen, um im Training, aber auch im gesamten Leben, wirklich weiter zu kommen. Das war meine Motivation dieses Buch zu schreiben.
Du behandelst auch mentale Komponenten und setzt auf Meditation. Warum ist das für Athleten deiner Meinung nach wichtig?
Triathleten oder auch extreme Ausdauerathleten sind in der Regel hyperaktiv. Der Gegenpol davon ist, einfach mal nichts zu machen. Das heißt auch keine Dehnübungen zu absolvieren, keine Massage zu genießen und auch keine Blackroll auf die Muskeln zu drücken – sondern einfach nichts zu machen. Es gibt nichts Gegensätzlicheres zu diesem Hyperaktiven, als einfach nur zu Sitzen und sich selbst auszuhalten. Denn nur indem man Gegensätze vereinigt, schafft man Harmonie und Kraft, die von Innen kommt. Ich setze auch auf Meditation, weil sie so pur ist und ich keine positiven Glaubenssätze auswendig lernen muss. Ich sitze einfach in Stille mit mir selbst und schaffe so einen Gegenpol zu meiner Hyperaktivität.
Hier geht es zu 100 Prozent Triathlon von Roy Hinnen
- Hinnen, Roy(Autor)
Warum sollten leistungsstärkere Athleten vielmehr mit leistungsschwächeren Athleten zusammen trainieren?
Viele Trainingseinheiten werden von den meisten der Athleten überbewertet. Man kann nicht Weltmeister werden, wenn man ständig einen halben Schritt vor seinem Trainingskollegen läuft, um zu dominieren und zu zeigen, dass man eigentlich viel schneller ist. In der Schweiz – und sicher auch in Deutschland und Österreich – kommt das „Miteinander-Trainieren“ viel zu kurz. Triathleten müssen lernen, dass 80 bis 90 % des Wochenumfangs nur ein Abtrainieren von „unsexy“ Trainingseinheiten ist, die man sehr wohl mit einem schwächeren Trainingspartner durchführen kann. Die Key-Trainings jedoch, sollte man alleine absolvieren.
Trainiert man zusammen, erreicht man einfach mehr. Das hat sich immer wieder bei Triathleten gezeigt, die sich zusammengerafft haben, gegenseitig pushen und nicht gegeneinander, sondern miteinander trainieren. Mein bester Trainingspartner war Mark Allen. Er war immer schneller als ich, in allen drei Disziplinen. Wenn ich mit ihm trainierte, merkte ich zwar, dass er Rücksicht nahm, aber auch, dass er Respekt hat und mir immer das Gefühl gab, dass man etwas zusammen macht – und das ist ein sehr schönes Gefühl.
Ab einem gewissen Leistungslevel neigt ein Triathlet dazu, nur noch seine Watt zu drücken und seine Geschwindigkeiten zu laufen. Er wird schon unsicher, wenn er mal drei Sekunden pro Kilometer langsamer laufen muss, weil ein schwächerer Athlet mitläuft – wobei das rein trainingstechnisch gesehen, überhaupt keine Rolle spielt. Er trainiert dann einfach ein bisschen mehr im Fettstoffwechsel, was ja am Ende nicht schlimm ist. Meiner Meinung nach sollte die Trainingsgruppe wieder mehr in den Vordergrund rücken.
Warum setzt du beispielsweise auf Mehrfachtraining bzw. was steckt hinter diesem Begriff? Könnte man mit dieser Methode die fehlenden Schwimmtrainings aufholen, die jetzt zur Zeit nicht möglich sind ohne Einbußen auf die Rad- und Laufperformance in Kauf zu nehmen?
Als Triathleten haben wir drei Sportarten, die wir bedienen müssen – und auch gut bedienen können, bis wir einen gewissen Leistungslevel erreicht haben. Danach sollte man viel spezifischer im Back-to-back-System, also in Blocktrainings, trainieren. Nur damit kann man eine Disziplin richtig bedienen. Läuft man beispielsweise dreimal am Tag, hat man einen richtig schönen Laufreiz gesetzt und dem Körper sozusagen das Laufen „beigebracht“.
Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass ein Triathlet überhaupt nichts verliert, wenn er mal zwei oder drei Tage nicht Rad fährt und lediglich gezielt läuft. Diese ständige „Anstreifen“ des Trainings, um alle Disziplinen abzuarbeiten ist schön und zeugt von eiserner Disziplin, aber ab einem gewissen Punkt wird man sich damit nicht mehr weiterentwickeln. Zumal es auf der anderen Seite auch ein bisschen langweilig wird. Dann heißt es z.B. am Montag Schwimmen und Rad, am Dienstag nur Laufen, am Mittwoch Schwimmen und Laufen usw. – hier sollte man den Mut aufbringen, sich auch als Triathlet, ab und zu voll auf eine einzige Disziplin zu fokussieren.
Der aktuelle Trend der Trainingsgestaltung, beschleunigt durch Corona, geht in die virtuelle Welt. Mittlerweile absolvieren einige Athleten das Training nur noch Indoor auf diverse Plattformen, wie Zwift. Welche Vor- und Nachteile siehst du in dieser Entwicklung?
Das Training auf Online-Plattformen ist sicher okay und bringt Abwechslung – aber macht, wie vieles andere, auch ein bisschen abhängig. Da die meisten ihr Gewicht etwas zu niedrig deklariert haben, müssen sie ständig gegen ihre Kollegen mit performen. Die Fahrtechnik bleibt dabei komplett auf der Strecke. Die Trainingseinheiten sind eher kurz und es wird viel zu schnell gefahren. Die Körpersensorik wird rein auf das Visuelle reduziert, d.h. der Athlet schaut auf den Bildschirm und seine virtuellen Mitstreiter, dabei vernachlässigt er seine Atmung, seinen eigenen Rhythmus und im schlimmsten Fall sogar seine eigene Verpflegung.
Wie kann ein Amateur-Athlet ein Höhentraining sinnvoll gestalten ohne Wochen investieren zu müssen? Kann man Höhentraining auch “zuhause” machen?
Ja, man kann Höhentraining auch zuhause durchführen – in der künstlichen Höhe. Bedenken sollte man jedoch, dass der Kompressor, der für die mit Stickstoff angereicherte Luft sorgt, viel Lärm macht, d.h. man sollte einen guten Raum haben, in den man den Kompressor abstellen kann, ohne dass er andere stört.
Plant man ein Höhentraining zuhause, sollte man sich auch mental auf diese Phase einstellen. Während dieser Zeit schläft man in einem Zelt – und das jeden Tag für mindestens vier Wochen. Dies hat natürlich auch Einfluss auf die Partnerschaft. Vor dem Beginn des Höhentrainings sollten die Blutwerte überprüft werden, also Hämoglobin, Hämatokrit, Ferritin und Erythrozyten. Ich empfehle zusätzlich eine Eisenkur zu absolvieren, damit die Erythrozyten im Höhenzelt gebildet werden können.
Beachtet werden sollte auch, dass sich der Körper in dieser Phase über Nacht anders erholt und das Training entsprechend anpassen. Wenn man nicht mehr richtig schlafen kann, dann kann man auch nicht mehr richtig trainieren. Daher: Künstliche Höhe für zuhause ist sehr gut – wenn man weiß, wie es richtig funktioniert – denn dann spart man auch viel Geld.
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Hey Katharina und Christian,
ein super Beitrag. Das Interview war sehr interessant. Ich muss zugeben ich kannte den Roy Hinnen nicht. Bin dank Thorsten Schröder, der Nachrichtensprecher bei der Tagesschau aufs Thema Triathlon gekommen. Wobei das bei ihm nochmal ein ganz anderes Level ist. Der Ironman. Nichtsdestotrotz hat mich der Ehrgeiz gepackt. Die Tipps versuch ich gleich die nächsten Wochen umzusetzten. Meditation war bis jetzt nichts für mich. Aber steht jetzt fest im Plan nach einer Trainingssession. Rennradfahren tue ich jetzt auch mit einer Gruppe vom Verein. Peile die nächsten Wochen die 100km Marke an irgendwelche Tipps?
Beste Grüße und bleibt gesund.
Ich betrachte mich zwar nicht als Triathletin, jedoch trainier ich bereits 4 Jahre und habe auch schon an zahlreichen Events im Landkreis Harz teilgenommen. Seit Corona trainiere ich viel via Swift. Der große Nachteil ist, dass ich mich trotz schönem Wetter oftmals dann doch “nur” zuhause auf die Rolle setze. Ich finde die technology super, jedoch merke ich, dass sie mich dazu verleitet, mehr drinnen zu fahren als draußen. Liebe Grüße Sonja