Sylvia Gehnböck ist schon seit über 15 Jahren aktive Triathletin. Sie startet aber nicht nur als Triathlonprofi sondern auch als Radsportlerin. Die gebürtige Oberösterreicherin lebt und arbeitet in Wien. Genauer gesagt wohnt sie in Pressbaum und genießt dort die Vorzüge des Trainings im Wienerwald. Wenn sie nicht gerade für ihre Bewerbe durch die Welt reist oder als Physiotherapeutin und Osteopathin arbeitet. Denn vom Sport leben kann Sylvia nicht. Sie muss sich ihr Profi-Dasein über ihre selbstständige Tätigkeit finanzieren.
Im Interview erzählt uns Sylvia über ihre sportlichen Anfänge, vom Triathlon bis hin zu ihrem Profidasein und natürlich über eines ihrer persönlichen Highlights. Ihren Staatsmeistertitel auf der Mitteldistanz vergangenes Jahr beim Transvorarlberg Triathlon.
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Wie geht es dir aktuell mit der Coronakrise und was hat sich für dich dadurch verändert?
Ich bin Gott sei Dank in der glücklichen Situation dass es mir und meiner gesamten Familie gut geht. Da die Praxis bis Anfang Mai geschlossen war und ich nur vereinzelt Patienten via Telemedizin betreute, hatte ich sehr viel Zeit. Ich bin froh Mitte März quasi im letzten Moment aus dem Flieger gesprungen zu sein. Es wäre der dritte Trainingsblock auf Lanzarote geplant gewesen und ich habe erst am Vorabend beschlossen nicht zu fliegen. Zuhause habe ich bis aufs Schwimmen perfekte Trainingsmöglichkeiten. Somit war es eine logische Entscheidung hier zu bleiben. Das Training läuft sehr gut. Egal wann und ob die Saison heuer los geht, ich werde bereit sein.
Das positive an der aktuellen Situation ist auf jeden Fall mehr Zeit für Dinge zu haben, die sonst immer zu kurz kommen. Daher freut es mich euch endlich ein paar Fragen zu beantworten und einen kleinen Einblick zu geben wie ich zum Triathlon gekommen bin.
Wann hast du bei deinem ersten Triathlon teilgenommen und wie kam es dazu?
Meinen ersten Triathlon machte ich 2005, eine Sprintdistanz auf der Donauinsel in Wien. Halb Brust schwimmend und halb Kraulend kämpfte ich mich über die 500m. Ein Rennrad hatte ich mir ausgeborgt. Im Rückblick war es damals eine ganz kurzfristige Entscheidung unter Freunden gemeinsam teilzunehmen. Gewonnen hat damals Lydia Waldmüller vor Tanja Stroschneider. Aber ehrlich gesagt hatte damals die Ergebnisliste weniger Bedeutung als die vielen Dinge an die ich an diesem Tag denken musste. Ich persönlich wurde durch den Sieg von Kate Allen bei den Olympischen Spielen 2004 auf diese Sportart aufmerksam. Habe damals den Bewerb rein zufällig aber völlig fasziniert im Fernsehen mitverfolgt.
Wie ging es dann weiter?
Also mein erstes Fazit unmittelbar danach war: ich brauch ein eigenes Rennrad, weil das geborgte war ja gleich wieder weg. Daran kann ich mich noch gut erinnern. Nach der ersten Erfahrung bezüglich dem Schwimmen war natürlich ein Masterplan gefragt. Ich würde sagen es war bei mir keine akute Infektion, sondern eher ein langsames Anstecken oder Annähern. Ich wollte einfach dranbleiben und mich verbessern. An mehr habe ich zum damaligen Zeitpunkt gar nicht gedacht.
Wie sahen deine sportlichen Aktivitäten vor deinem ersten Triathlon aus?
Bis zu meiner Ausbildung zur Physiotherapeutin war ich ehrlich gesagt nicht übermäßig sportlich. Ich spielte Tennis, ging hin und wieder laufen, aber alles sehr unregelmäßig. Knapp vor meinem ersten Triathlon 2005 kaufte ich mir ein eigenes Mountainbike, mein erstes eigenes Rad seit meinem 5-Gang Mädchenfahrrad. Die ersten Ausfahrten mit Freunden am Gardasee forderten mich enorm, haben mich aber unglaublich beeindruckt und waren damals eine Art Schlüsselerlebnis für meine weitere sportliche Entwicklung.
Nach zwei zweiten Plätzen bei Triathlon Staatsmeisterschaften konntest du dir im August 2019 den Staatsmeistertitel in der Mitteldistanz holen. Beschreibe uns doch diesen Tag.
Dieser Tag war einfach unglaublich, und gehört definitiv zu den besten Wettkämpfen in meiner Triathlon Laufbahn. Es war einer dieser seltenen Tage wo einfach alles passt, wo man einfach tut, was zu tun ist. Ich hatte einen exakten Plan für diesen Wettkampf den ich nicht eine Sekunde aus den Augen verlor.
Durch das internationale Starterfeld gab es mit der ÖSTM einen Wettkampf im Hauptwettkampf – inkl. einem Massenstart mit den Männern, also im Normalfall keine gute Basis für mein Triathlon Profil. Dennoch hatte ich an diesem Tag weniger Rückstand nach dem Schwimmen wie vorberechnet. Ich kann mich noch erinnern, auf den ersten Kilometern am Rad dachte ich mir noch kurz: oje, ich glaub das wird heute nichts am Rad. 🙂 Doch dann konzentrierte ich mich auf meinen zurecht gelegten Plan – Abschnitt für Abschnitt, auf der gesamten Radstrecke und dann genau so beim Laufen. Natürlich entging es mir nicht, dass ich „übersehen“ wurde als ich als Führende in der Staatsmeisterschaftswertung auf die Laufstrecke ging, doch ich war so konzentriert auf die folgende Aufgabe dass ich das sofort wieder ausblendete.
Zum Glück wurde noch kurz vor meinem Zieleinlauf richtig gestellt dass ich die Wertung der ÖSTM anführe, und so wurde es auch für alle die das Rennen vor Ort oder zu Hause am Livestream verfolgten besonders spannend. Ich denke wirklich sehr gerne an diesen Moment und an das gesamte Rennen zurück. Es erfüllt mich mit Stolz, und es freut mich einigen an diesem Tag eine Überraschung bereitet zu haben.
Warum hast du dich entschlossen als Profi zu starten?
2014 machte ich mein allererstes Ironman 70.3 Rennen, in St.Pölten, dort wurde ich im Agegroup Rennen gesamt 2., gewann meine Altersklasse und qualifizierte mich für die WM in Mont Tremblant, Kanada. Bei der WM in Kanada wurde ich dann 3. In meiner AK, und es war für mich damals einfach die logische Konsequenz den nächsten Schritt zu wagen. Es war mir von Beginn an immer ein Anliegen mich mit den Besten zu messen, das ist für mich einfach die beste Motivation und das was ich machen möchte.
Und ehrlich gesagt war ich schon damals schockiert was sich bei den IM 70.3 Rennen auf der Radstrecke abspielte. Das hat für mich mit sportlicher Fairness nichts zu tun, und war mitunter ein Grund mich von den Age Group Rennen zu verabschieden. Ein Jahr später war ich dann bei meinem ersten Start als Profi beim 70.3 in St. Pölten über 45km mutterseelenallein, ärger könnte der Kontrast wohl nicht sein. Die sportliche Fairness ist natürlich auch im Profi Bereich zum Teil verbesserungswürdig, zu knappe Startintervalle zwischen Profi Herren oder Damen, bzw. zwischen Profi Damen und Age Group Herren Rolling Start sind immer wieder ein Thema. Auch die Problematik mit den Führungsmotorräder ist ein bekanntes Problem, aber alles in allem war es für mich persönlich einfach der nächste Schritt in meiner sportlichen Entwicklung.
Neben dem Triathlon bist du auch im Radsport aktiv. Was verbindet dich mit dem Radsport?
Mit dem Radsport verbindet mich sehr viel, ich würde sagen sein mein Herz schlägt zur Hälfte für den Triathlon und zur anderen Hälfte für den Radsport. Ich denke die Zeiten wo ich sagen würde als Triathletin an Radrennen teilzunehmen sind schon einige Jahre vorbei. Ich sehe mich als Triathletin UND Radsportlerin. Und würde sogar behaupten der Radsport ist meine Leidenschaft, mein Talent, und es ist das ganze Flair bei internationalen Etappenrennen, die Teamarbeit, die Taktik, einfach das gesamte rundherum was mich am Radsport fasziniert.
Leider ist die Situation im Damenradsport in Österreich mit wenigen Ausnahmen nicht besonders inspirierend. Von der verdienten Anerkennung und der Gleichwertigkeit zwischen Männern und Frauen sind wir leider meilenweit entfernt. Es ist unglaublich was die Mädels zum Teil in den Sport investieren und leisten und es gibt meiner Meinung nach kaum etwas Härteres als Strassen- bzw. Etappenrennen. Vom Risiko und den vielen Stürzen ganz zu schweigen. Das sind alles Gründe (inkl. meines sehr späten Einstiegs) die mich immer davon abgehalten haben mich gänzlich dem Radsport zu verschreiben. Auch wenn ich mir damit die Möglichkeit genommen habe bei internationalen Rennen Fuß zu fassen. Denn in der Kombination mit Triathlon lässt sich das leider nicht vereinbaren.
Im Triathlon ist die Situation wieder eine ganz andere. Die Gesamtentwicklung einfach erstaunlich. Die Teilnehmerzahlen bei Bewerben, die Anzahl an Vereinen, die Anzahl an Bewerben, das Material, der Aufwand mit dem viele Athleten diesen Sport betreiben, das alles hat in den letzten Jahren einen unglaublichen Boom erfahren. Bei all diesen positiven Entwicklungen gibt es allerdings auch hier viele Dinge die man kritisch hinterfragen muss. Die sportliche Wertigkeit und Fairness von Massenveranstaltungen und Teilnehmerzahlen und folglich die Windschattenthematik sind nur ein paar Punkte die ich anführen möchte.
Als österreichischer Triathlon „Profi“ ist es auch nicht unbedingt einfach. Und ist wahrscheinlich ein Grund warum sich nicht mehr viele Mädels für diesen Weg entscheiden. Alles in allem könnten die beiden Sportarten nicht unterschiedlicher sein und es ist auch definitiv nicht einfach beides gleichwertig auf hohem Niveau zu trainieren. Ich habe mich dennoch für diesen Weg entschieden und mit allen Pros und Kontras ist es eine wertvolle Erfahrung beide Seiten zu kennen. Eine Erfahrung die ich auf keinen Fall missen möchte.
Wie vereinbarst du deinen Job mit deinen sportlichen Aktivitäten?
Der Vorteil als freiberufliche Physiotherapeutin ist, dass ich meine Zeiteinteilung selber gestalten kann. Anders wäre es sicher gar nicht möglich trotz Arbeit in der Praxis als Profi im Triathlon UND in der Elite im Radsport zu starten. Dennoch ist es eine permanente Gratwanderung die Arbeit und das Training unter einen Hut zu bekommen. Regeneration ist für mich immer Arbeit, beziehungsweise Arbeit ist Regeneration, je nachdem wie man es sehen will. Aber ein Leben als Sportprofi ist in meinem Fall natürlich finanziell nicht möglich. Also muss ich arbeiten um mir meinen Sport überhaupt zu ermöglichen. Die Trainingslager im Winter sind für mich immer eine besondere Flucht. Denn da kann ich nicht arbeiten, und habe die Möglichkeit zumindest für ein paar Wochen im Jahr wie ein „richtiger“ Profi zu trainieren.
Welche Ziele hättest du dir 2020 gesteckt?
Nachdem 2019 eine meiner längsten Saisonen war, gab es im Dezember erstmals eine längere Pause. Nach meinem Trainingsstart im Jänner auf Teneriffa und einem zweiten Trainingsblock auf Lanzarote im Februar wäre ich voraussichtlich im Mai bei der Challenge Bled in die Saison 2020 gestartet. Die Radsaison hätte in Österreich wie jedes Jahr Anfang April begonnen. Es ist aktuell nicht der Zeitpunkt große Pläne zu machen. Das Wichtigste ist jetzt einfach im Training zu bleiben und den Spaß und die Motivation nicht zu verlieren. Egal wann und wo es wieder los geht, die nächsten Rennen kommen bestimmt.
Gibt es noch Bewerbe bei denen du unbedingt dabei sein möchtest?
Es gibt natürlich immer noch einige Bewerbe die mich reizen würden. Für manche war stets kein Platz im Kalender. Der Alpe de Huez Triathlon gehört zum Beispiel dazu. Es sind einerseits die schwierigeren Radstrecken aber auch Bewerbe in Länder wo nicht alles plug`n play ist. Ich werde die nächsten Wochen intensiv dazu nützen mir Gedanken zu machen an welchen schönen Plätzen ich in den nächsten Jahren noch an den Start gehen werd. Bis dahin gilt: streeeng geheim, auf bald und bleibz gsund! 😊
Instagram: #sylviiG
Facebook: sylvia.gehnbock
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