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ThorXtri – Faszination eXtreme Triathlon [Gastbeitrag]

Celtman, Swissman und Norseman: die drei “most incredible triathlons on earth” wie sie auf der allXtri – Homepage so treffend genannt werden. Der Ansturm der verrückten Triathleten aus der ganzen Welt ist für diese Wettkämpfe ungebrochen groß. Doch auch der ThorXtri steht diesen Bewerben, um nichts nach. Norbert Lüftenegger hat den ThorXtri heuer erstmals bewältigt und lässt uns an diesem einzigartigen Erlebnis teilhaben.

Gastautor Nobert Lüftenegger ist Läufer, Triathlet und Ultratriathlon Worldcup Gewinner.


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Die Faszination eXtreme Triathlon

Als “Mutter” der härtesten Triathlons gilt der Norseman eXtreme Triathlon. Eine unvorstellbare Herausforderung für Geist und Körper. Schwimmen im eiskalten Fjord, Rad fahren und Laufen in den Bergen Süd – Norwegens bei meist sehr kalten, windigen und nassen Bedingungen. Dazu noch self-supportet ohne offizielle Verpflegungsstellen. Man muss schon eine gehörige Portion Verrücktheit mitbringen, um sich dieser Herausforderung zu stellen.

Genau diese Verrücktheit ist es auch, die mich immer wieder mit so einem eXtreme – Triathlon liebäugeln ließ. Durch Zufall erfuhr ich, dass nicht unweit der Wettkampfstrecke vom Norseman ein weiterer eXtreme Triathlon in Norwegen veranstaltet wird: der ThorXtri. Die Charakteristik ist ähnlich dem Norseman. Schwimmen im Fjord, Radfahren mit vielen Bergpassagen und Laufen schlussendlich am Strand. Auch hier entschied das Los über die Teilnahme. Obwohl dies heuer erst die zweite Veranstaltung des ThorXtri war, war der Ansturm auf die Startplätze groß. Doch ich hatte Glück und ergatterte einen der begehrten Plätze.

ThorXtri - Startbereich

Das Abenteuer ThorXtri beginnt

So standen wir nun an einem nass – kalten Tag im August um 4 Uhr morgens am Ufer des Lysefjord. Zirka 100 unerschrockene Triathleten warteten auf die Fähre, die uns zum Schwimmstart brachte. Ein kurzes Abklatschen mit den Betreuern. Bloß nicht nachdenken was da auf mich zukommen sollte. In Halbtrance ging es durch die Kontrolle und ab auf die Fähre. Innerlich fragte ich mich, was ich hier nur machte? Der Warmduscher, der lieber bei 35 Grad Hitze in der prallen Sonne laufen geht, soll dieses Kälterennen überstehen? Je länger die Fahrt mit der Fähre dauerte, desto lauter wurden die inneren Schreie nach dem warmen Hotelbett der letzten Nacht. Doch dafür war es zu spät…

Um Punkt 5 Uhr fiel in kompletter Dunkelheit der Startschuss. Zur besseren Sichtbarkeit für die Begleitboote und Safety-Crew waren Schwimmbojen für jeden Teilnehmer vorgeschrieben. 9 Grad kaltes Wasser? Der Mensch ist schon ein eigenartiges Geschöpf. War es der exorbitant hohe Adrenalinausstoß vor dem Start, die Ausblendung jeglicher Gefühlsnerven oder einfach nur der Herdeninstinkt diese Challenge mit den Anderen Verrückten gemeinsam zu meistern, der mich antrieb mich in das eiskalte Wasser zu stürzen?

ThorXtri - Athleten vor dem Start

3,8 km Schwimmen in Eiseskälte

Zu Beginn hatte ich überraschenderweise keine Probleme mit dem kalten Wasser. Doch spätestens bei der Hälfte der Strecke wurde es ein ordentlicher Kampf. Die Finger waren zu diesem Zeitpunkt längst schockgefroren und hatten die eigentliche Funktion eingestellt. Somit stellte sich mein Schwimmstil ab diesem Zeitpunkt auf das allzeit beliebte “Faustschwimmen” um. Gefühlt stand ich im Wasser und kam nicht vom Fleck. Vermutlich auch weil gegen Ende der Schwimmstrecke ein großer Gebirgsfluss eine sehr starke Gegenströmung verursachte.

Der Racedirektor hatte uns bereits vorgewarnt, dass in etwa auf der halben Schwimmstrecke zwei Wasserturbinen eisig kaltes Wasser direkt vom knapp 1000 Meter höher gelegenen Felsen in den Fjord brachten. Dies drückte die Wassertemperatur nochmal um geschätzte 2 Grad. Dadurch wurde es zu einer richtigen Challenge. Die unzähligen Quallen waren in diesem Moment die geringste Sorge, wenngleich sie doch etwas Unruhe in meinen Schwimmstil brachten.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam das rettende Ufer endlich näher. Durch die Kälte war der Gleichgewichtsinn ordentlich beeinträchtigt. Der Anblick der torkelnden, nach sicheren Stand ringenden Triathleten war wohl recht amüsant für die Zuschauer am Schwimmausstieg. 😉

Ein kurzer Blick auf die Uhr und der nächste Schock! 2:11 Stunden?? Kann man tatsächlich so lange für 3,8 km Schwimmen brauchen? Die offizielle Cut-off Zeit lag bei 2:15 Stunden. Gerade noch geschafft und es waren noch jede Menge Schwimmer im Wasser. Üblicherweise bin ich eine Stunde schneller auf dieser Distanz.

ThorXtri - Schwimmausstieg

180km und 2500HM mit dem Rad durch die norwegischen Berge

Völlig durchgefroren hätte ich mich niemals aus eigener Kraft umziehen können. Mit tatkräftiger Hilfe meines Supporters schwang ich mich dann gut angezogen aufs Bike. Gleich ging es hoch auf den ersten Pass. In eindrucksvollen Serpentinen schlängelte sich die Straße hinauf. Eine für den Straßenbau zu steile Stelle lösten die Norweger indem sie einen Tunnel in den Felsen bohrten. Einfach genial. So wunderbar die einmaligen Fotos dieser genialen Gegend auch waren, umso mehr hieß es für uns zu kämpfen. Die ca. 1000 Höhenmeter auf den ersten 10 km fühlten sich an wie eine Wand. Von Tritt zu Tritt verwünschte ich diesen nicht enden wollenden Anstieg zusehends. Stehenbleiben verboten. Ein Weiterfahren nach einer Verschnaufpause wäre nicht möglich. Also weiterkämpfen und stets von Tritt zu Tritt denken.

ThorXtri - erster Anstieg der Radstrecke

Endlich, der höchste Punkt der Bike – Strecke war erreicht! Die Freude darüber mischte sich mit Unbehagen über die Witterungsbedingungen dort oben. Herrschte in der Schlucht des Fjordes eine angenehme Windstille, so empfing uns an der Passhöhe eine sehr ungemütliche, kalte Brise Wind mit Regen.

ThorXtri - höchster Punkt Radstrecke

Der kommende Abschnitt war charakterisiert durch enge Kurven, einspurige Straßen mit Gegenverkehr ohne Auslaufzonen und eine nasse, sehr rutschige Fahrbahn. Als mobile Hürden erwiesen sich jede Menge Schafe die ganz genüsslich auf der Strasse chillten. 😉

ThorXtri - Schafe auf der Radstrecke

Nachdem unmittelbar vor mir ein Mitbewerber von einer dieser engen Kurven abgeworfen wurde und an einer Felswand zerschellte, war schlussendlich meine John-Wayne-Coolness am Bike vorbei. Unfassbar in wie viele tausende Teile so ein Triathlonrad zerfallen kann wenn man es gegen einen Felsen fährt. Für mich galt: Safety first, denn gewinnen würde ich das Rennen heute ohnehin nicht.

Die Gefahr eines Point-to-Point-Rennens ist auch, dass der Wind ein ordentlicher Spielverderber werden kann. Hier fährt man in eine Richtung und falls der Wind in die Gegenrichtung bläst, genießt man die kompletten 180 km einen massiven Widerstand von vorne. Meist war ich damit beschäftigt das Rad auf der Straße zu halten. Überraschende Windstöße von der Seite versetzten mich regelmäßig um 1 – 1,5 Meter. Ein ordentlicher Druck auf die Pedale war unter diesen Bedingungen sehr schwer möglich.

ThorXtri - Wind auf der Radstrecke

Zur Krönung noch ein Marathon zu laufen

Nach einen unendlich scheinenden Kampf gegen Windmühlen konnte ich die Transition2 endlich erblicken. Welch Freude!! Meine Supporter warteten dort schon auf mich. Jetzt also nur noch einen Marathon laufen. Für einen kurzen Moment kam auch noch die Sonne heraus und es wurde wärmer. Mit unbändiger Motivation knallte ich die ersten Kilometer in den Sandstrand Südnorwegens. Schnell waren die ersten Konkurrenten eingesackt. Das fetzt. Richtig genial.

Leider wechselte das Wetter erneut und das gewohnte kalt-nasse norwegische Wetter hatte uns wieder. Zu meinem Leidwesen gestaltete sich die Laufstrecke immer mehr als Asphaltlauf. Wie ich finde das einzige Manko dieser wunderbaren Veranstaltung. So schön hätte man am Sandstrand bis Stavanger laufen können…

ThorXtri - Lauf am Sandstrand

Ein wahrlich unvergesslicher Zieleinlauf

Besonders eindrucksvoll verlief dann aber der Zieleinlauf am Three Sword Monument in Stavanger – drei überdimensional große, aus dem Felsen ragende Schwerter. Unvergessliche Momente. Unbändige Freude über die eigene Leistung. Glücklich dies mit seinen Supportern teilen zu können.

Mein persönliches Fazit

Alles in Allem ist der ThorXtri genau das Richtige, wenn man eine besondere Herausforderung sucht. Sehr kräftezerrend, aber in einer wunderschönen beeindruckenden Landschaft Norwegens. Jedoch sollte man die Kälte, vor allem beim Schwimmen, gewohnt sein. Ungeübte Schwimmer ist diese Challenge nicht zu empfehlen.

Vielen lieben Dank an die zahlreichen Freunde für eure Unterstützung. Vor allem aber an mein Supporter-Team, Johannes Prodinger und David Wallmann, für die geniale Zeit in Norwegen.

ThorXtri - Ziel

Fotos: David Wallmann

Informationen zum Bewerb: http://www.thorxtri.com/

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