Schwangerschaft ist keine Krankheit. So lautet das Motto von Triathletin Martina Kaltenreiner. Martina hat letztes Jahr ihre erste Langdistanz gefinisht und jetzt wartet mit dem im Bauch heranwachsenden Baby ein noch viel größeres Abenteuer. Im Interview erzählt uns Martina über ihre Trainingserfahrungen mit Babybauch und ihren bisherigen Schwangerschaftsverlauf.
Herzlichen Glückwunsch zum kommenden Nachwuchs. Wann wird es denn soweit sein?
Danke schön, wir freuen uns bereits jetzt riesig, Anfang Oktober unser Küken in den Händen zu halten.
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Wie verlief deine Schwangerschaft bis jetzt und wie fühlst du dich?
Ich muss gestehen, besonders den Anfang der Schwangerschaft habe ich mir anders vorgestellt. Durch das Absetzen der Verhütung und die Hormonumstellung war ich bereits vor der Schwangerschaft oft müde, fühlte mich nicht trainingsfit und habe das Training hinten anstellen müssen. Zuerst dachte ich, dass die Kraftspeicher nach dem Ironman, den ich in 11 h 13 min bewältigt habe, vollkommen ausgeschöpft und leer sind. Im Jänner war dann die Luft ganz draußen, was sich mit dem Schwangerschaftstest dann aber schnell erklären ließ. Die Freude war riesig, die Umstellung im Körper ebenso. Es folgten 8 Wochen mit durchgehendem Erbrechen und mit 5 Tagen Krankenhausaufenthalt, um dem Embryo alle wichtigen Nährstoffe zu geben. Eine für mich schwierige Zeit, wenn man so lange an das Bett gefesselt ist, aber jetzt war ich nicht mehr nur für mich allein verantwortlich. Ab der 14. Schwangerschaftswoche konnte ich mich aber wieder bewegen und fühlte ich mich wieder lebendiger und konnte auch die Schwangerschaft genießen. Jetzt (34. SSW) fühle ich mich ganz gut, das zusätzliche Gewicht und die Müdigkeit machen sich aber dennoch stark bemerkbar.
Wie hat sich dein Training mit der Schwangerschaft verändert?
Das Training hat sich um 180° gedreht. Letztes Jahr habe ich mich erfolgreich auf meine erste Langdistanz vorbereitet. Statt strukturiertem Training, 1 – 2 Trainingseinheiten pro Tag und viel Grundlagentraining, gekoppelt mit Schnelligkeitstraining, steht jetzt Bewegungstherapie mit besonderem Augenmerk auf das Bauchgefühl im Vordergrund.
Ich habe also keinen Plan, nach dem ich mich richte, sondern versuche einfach täglich auf ein gewisses Aktivitätspensum von mind. 30 Minuten zu kommen, nicht nur zu Hause zu sitzen und entscheide täglich, was möglich ist und worauf ich Lust habe.
Was funktioniert gut bzw. auf welche Aktivitäten verzichtest du?
Die ersten 3,5 Monate sind trainingstechnisch durch die Übelkeit und das Erbrechen zur Gänze weggefallen. Mit Rücksprache meiner Frauenärztin ist es aber erlaubt, die triathlonspezifischen Sportarten so lange zu betreiben, solange der Bauch nicht hart wird und ich mich wohl fühle.
Das Schwimmen ist zuerst wegen der Übelkeit, dann wegen der COVID-19 Maßnahmen und dann wegen der für mich zu kühlen Seetemperaturen leider komplett entfallen. In der 28. Schwangerschaftswoche bin ich dann also erst zum 1. Mal in der Schwangerschaft wieder in das Wasser gehüpft und ich war begeistert! Eine Kombination aus Brust- und Kraulschwimmen mit Technikübungen und Pullbuoy ist derzeit meine Lieblingseinheit. Durch den wachsenden Bauchumfang ist es aber immer schwieriger eine gute Wasserlage zu haben bzw. es fühlt sich an, wie wenn man ständig mit einer Widerstandshose schwimmt.
Beim Radeln fühlte ich mich leider bald sehr unwohl und auch der untere Bauch hat bereits ab SSW 16 zu sehr gespannt. Unsicherheit und Angst vor den Kraftfahrzeugen bzw. vor Unfällen haben überwogen. Es wurden nur wenige gemütliche Radausausfahrten mit dem MTB im Ausflugstempo mit meinem Partner unternommen.
…und wie erging es dir beim Laufen?
Beim Laufen war der Pulsmesser mein ständiger Begleiter. Nicht wegen der Pace oder der Distanz, sondern viel mehr, um wirklich im Grundlagenbereich zu bleiben. Im aeroben Bereich fühlte ich mich einfach wohler und bemerkte weniger Spannung im Bauchbereich bzw. weniger Druck auf die Blase. Statt 1 – 3 stündigen Läufen standen max. 1 – 2 Läufe pro Woche mit max. 5 km im Vordergrund. Für den Kopf bin ich im Mai 2×10 km gelaufen. Seit Anfang Juni bin ich aber wegen der hohen Temperaturen vom Laufen auf Spaziergänge umgestiegen. Spaziergänge von 5 – 10 km sind jedoch kein Problem, weder von der Ausdauer, noch vom Bewegungsablauf – bloß die Wasserflasche und ein Müsliriegel müssen jetzt immer mit dabei sein. Ich versuche immer noch 3 – 4 x wöchentlich flott zu gehen.
Als Folge der Gewichtsverlagerung nach vorne durch den Bauch entsteht eine stärkere Lordose im Lendenwirbelbereich. Deshalb gibt es statt Krafttraining mit Gewichten, Stabi-Einheiten mit Hauptaugenmerk auf den Rücken und den Beckenboden. Verzichtet wird wegen der Lockerung des Muskel-Sehnen-Band Apparates zum Beispiel auf Ausfallschritte – Kniebeugen hingegen sind möglich (solange es der Bauch zulässt).
Warum ist dir Bewegung in der Schwangerschaft wichtig?
Ich bin der Meinung, dass Bewegung und Sport nicht nur mein positives Wohlbefinden, sondern auch das des Kindes fördert. Sie fördern außerdem den Stoffwechsel, regen den Kreislauf an und stärken das Selbstbewusstsein. Man kann den kleinen Beschwerden, wie Rückenschmerzen oder Wassereinlagerungen, gut entgegen wirken. Außerdem bin ich so an Bewegung gewöhnt, dass ich ohne reizbarer und unausgeglichen bin – das möchte ich meinen Mitmenschen nur bis zu einem gewissen Grad zumuten. 😉
Wie reagiert dein Umfeld auf deine Aktivitäten?
Gemischt. Jeder der mich bzw. andere Sport-Mamis kennt weiß, dass man sich nur mit ärztlicher Rücksprache an Bewegung/Training wagt und nur das tut, was einem selbst und dem Fötus gut tut.
Freunden und Familie kann man das vor allem anfangs gut erklären, je größer aber der Bauch wird desto mehr merkt man, dass man nicht an sportliche (Hoch-)Schwangere gewöhnt ist. Nur zu oft bekommt man zu hören, ob man denn das noch dürfe bzw. wie lange denn das noch möglich ist. Ich denke, dass hier noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten ist. Man ist schwanger, und nicht krank!
Hast du schon Pläne für den sportlichen Wiedereinstieg nach der Geburt?
Das wird alles von der Geburt abhängig sein. Wir sind außerdem derzeit am Nesterl bauen und haben ein großes Umbauprojekt am Start. Ich hoffe aber rasch wieder mit Bewegung starten zu können, welche sich anfangs auf Spazieren gehen und Beckenbodentraining reduzieren wird. Unser Zwergi wird zeigen, was möglich sein wird.
Möchtest du wieder bei Triathlonbewerben am Start stehen?
Unbedingt! Wann das aber genau sein wird, wird das Kind entscheiden. Das Kind steht bereits jetzt im Mittelpunkt und das Training wird sich definitiv weiterhin danach richten. Seit dem Zieleinlauf beim IRONMAN Klagenfurt im letzten Jahr ist es aber mein großes Ziel IronMom zu werden – und damit meine ich nicht das viele Bügeln. 😉
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